Forderungen der Bauindustrie zu BIM im Verkehrswegebau

Forderungen der Bauindustrie zu BIM im Verkehrswegebau

Die BIM-Methodik wird das Zusammenarbeiten aller Beteiligten in der Baubranche, insbesondere zwischen öffentlicher Hand und Bauunternehmen, grundlegend positiv verändern. Diese Aussage trifft der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) – und ich kann ihm voll und ganz zustimmen. Weiterhin sagt die Interessensvereinigung: Baufirmen haben den Anspruch, die Veränderungen im Zusammenhang mit BIM mitzugestalten.

Um die Positionierung zu BIM und insbesondere zu BIM im Straßenbau deutlich zu machen, hat der Arbeitskreis Digitalisiertes Bauen (AKDB) des HDB Anfang August diesen Jahres ein neues, sehr kompaktes und überaus konstruktives Papier herausgegeben, in dem 16 Forderungen und Leitsätze formuliert sind. Hier können Interessierte das entsprechende Faltblatt herunterladen.

Noch sind Widersprüche enthalten

Die Inhalte dieser Publikation „BIM im Verkehrswegebau – Forderungen der Bauindustrie“ kann ich weitgehend unterstützen. Wenige Punkte sind mir jedoch aufgefallen. Sehr gut finde ich den als Forderung notierten Satz: „Das Modell als einzige Informationsquelle ist anhand von ´Klassen und Merkmalen` ein digitaler Zwilling des zu errichtenden Bauwerks.“ Dem widerspricht allerdings der etwas später formulierte Stichpunkt: „Die Strukturen des Modells und das Leistungsverzeichnis müssen so aufeinander abgestimmt sein, dass daraus ein Bauzeitenplan erzeugt werden kann.“ Hier liegt das Problem aus meiner Sicht an den Redundanzen zwischen Attributen am Modell und den Langtexten im Leistungsverzeichnis. Denn in beiden Datensätzen sind zum Beispiel Angaben über Materialien enthalten. Aus heutiger rechtlicher Sicht ist mit Sicherheit die Beschreibung im Leistungsverzeichnis bindend. Aber bei der täglichen Arbeit im Projektverlauf soll mit dem Modell gearbeitet. Es wäre allerdings ein großes Durcheinander, wenn aus dem Modell heraus Materialien bestellt werden, die nicht zum Leistungsverzeichnis passen.

Deshalb bin ich folgender Meinung: Leistungsverzeichnisse kann man nicht gänzlich abschaffen, weil man nicht jede Kleinigkeit im Bauprojekt modellieren möchte, damit sie dann auch abgerechnet werden kann. Auch die Nutzung so genannter Multimodell-Container, die ein allgemeines Datenformat zum Austausch von Multimodellen – also per Linkmodell verbundener Fachmodelle der verschiedenen Gewerke – darstellt, löst das Problem der redundanten und eventuell widersprüchlichen Angaben zwischen Modell und Leistungsverzeichnis nicht. Die angesprochenen Herausforderungen können derzeit von Bausoftwareentwicklern bzw. den entsprechenden Softwareunternehmen nicht gelöst werden, wenn nicht zuvor rechtliche Rahmenbedingungen – zum Beispiel in der VOB – geschaffen werden.

Bauabschnitte müssen Unternehmen festlegen

Zurück zur Veröffentlichung „BIM im Verkehrswegebau – Forderungen der Bauindustrie“. Besondere Brisanz liegt in dem Satz: „Unter anderem sind Bauabschnitte in der Modell- und Leistungsverzeichnis-Struktur zu berücksichtigen.“ Ich will nicht die Bauplaner in Schutz nehmen. Jedoch halte ich es für nicht zumutbar und auch nicht leistbar, dass Ingenieurbüros bereits im Planungsstadium die Bauabschnitte einer Baumaßnahme festlegen. Es ist meine Überzeugung, dass es auch weiterhin in der Verantwortung und in der Freiheit der ausführenden Firmen liegen muss, wie Bauabschnitte gewählt und abgearbeitet werden. Oft hängen diese unternehmerischen Entscheidungen von individuellen betrieblichen Besonderheiten, dem Maschinenpark und bei manchen Gewerken auch vom Wetter ab.

Eine Möglichkeit, schon heute Volumenkörper flexibel und dynamisch zu teilen und Mengen dazu zu ermitteln, bietet die Nutzung der Software isl-baustellenmanager meines Unternehmens isl-kocher. Damit lassen sich auch Bauabschnitte realisieren und anschließend abrechnen.

Vorteile eines dynamisch angelegten Dokumentes

Ein paar positive Gedanken zum Abschluss: Die Veröffentlichung „BIM im Verkehrswegebau – Forderungen der Bauindustrie“ ist – anders als die Vorgänger – ein dynamisch angelegtes Dokument. Denn die Einführung der Methode BIM im Verkehrswegebau wird prozesshaft über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen und ein Umdenken bei allen Beteiligten erfordern. Demzufolge wird auch die Ausdifferenzierung der Positionierung der Bauindustrie stets aktuell angepasst und auch veröffentlicht. Eine Online-Publikation wie „BIM im Verkehrswegebau – Forderungen der Bauindustrie“ ist hierfür besonders geeignet. Auch inhaltlich greift die Publikation weiter als ihre Vorgänger: der Ingenieurbau wurde bereits mit einbezogen. Weitere Sparten des Verkehrswegebaus sollen nach Möglichkeit schrittweise integriert werden.

Frank Kocher

2 thoughts on “Forderungen der Bauindustrie zu BIM im Verkehrswegebau

  1. Vermutlich wird das LV noch sehr lange das Gesamtbauprojekt beschreiben. Selbst wenn es vollständige 3D Modelle geben würde, wird es auch geometrisch nicht beschreibbare Elemente geben. Vielleicht ließen sich Redundanzen vermeiden wenn man das StlB-Bau als Bindeglied verwenden würde. Beste Grüße René Kreil

  2. Hallo Herr Kreil,
    danke für den sehr guten Hinweis. Als Software-Entwickler haben wir viel Sympathie für strukturierte Daten wie DBD. Damit könnte man in der Tat Modell und LV leichter synchronisieren.
    Lieder bin ich ein bisschen skeptisch, dass es gelingt, eine privatwirtschaftlich entstandene Idee zum staatlich abgesegneten Standard zu machen.
    Eine kleine Lösung wäre vielleicht, im Langtext der Positionen, die sich auf Modelle beziehen, zu schreiben ‚es gelten die im Modell genannten Materialien und Güteklassen‘, ohne diese Angaben hier zu wiederholen.

    Mal schauen, zu was sich die Fachwelt durchringt.

    Viele Grüße, Frank Kocher

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