Entwicklung der Digitalisierung im Tiefbau
Entwicklung der Digitalisierung im Tiefbau
Das Thema Building Information Modeling (BIM) wird von vielen Menschen zunächst mit dem Hochbau in Verbindung gebracht. Diese Vermutung liegt auf den ersten Blick auch nahe: Denn Architekten haben schon früh zur Visualisierung ihrer Entwürfe 3D-Modelle erstellt und später mit Angaben über Materialien und mit anderen Informationen ergänzt. Daraus erwuchs die Idee des BIM, mit den Informationen des Modells die Arbeitsabläufe im Bauprozess zu optimieren.
BIM-Gedanke lebt bereits im Tiefbau
Wird der Begriff BIM jedoch etwas weiter gefasst und von der Digitalisierung des Bauwesens gesprochen, ergibt sich folgendes Bild: Im Straßen- und Tiefbau wird der Kern des BIM-Gedankens schon seit Jahrzehnten – und damit noch länger als im Hochbau – gelebt. Allerdings wurde der Begriff BIM lange nicht verwendet.
Welche Argumente sprechen für diese These? Im Straßen- und Tiefbau existiert die Prüfung der Geometrie und der Mengen von Erdbauwerken nach REB VB 22.013 über digitale Geländemodelle bereits seit dem Jahr 1978 (seit 40 Jahren). Den Datenaustausch von Kanalnetzen von der Planung zur Ausführung und weiter zur Bestandspflege ermöglicht das ISYBAU-Format seit 1991 (seit 27 Jahren). Und die Steuerung von Maschinen mittels Satelliten-Navigation und digitalen Geländemodellen gibt es seit rund 20 Jahren.
Die Gründe für diese frühe Nutzung digitaler Anwendungen sind vielfältig. Aufgrund der Dimensionen der Bauwerke im Straßen- und Tiefbau ist eine analoge Vorgehensweise bei der Planung, Arbeitsvorbereitung, Ausführung und Abrechnung oft zu zeitintensiv. Geometrien im Erdbau sind analog kaum zu beschreiben, während eine Wand im Hochbau mit den rein numerischen Angaben Länge, Höhe und Dicke bereits recht zutreffend beschrieben ist. Erdbauwerke wie zum Beispiel Regenbecken können eigentlich nur sinnvoll durch ein 3D-Modell beschrieben werden. Hinzu kommt, dass die Vermessung und Weiterverarbeitung der Daten in CAD-Systemen die Digitalisierung schon früh vorangetrieben hat.
Möglichkeiten zukünftig besser nutzen
Richtig ist allerdings auch, dass die bestehenden Möglichkeiten leider oft nicht genutzt werden. So erhalten Bauunternehmen oftmals die Planung als Papier-Ausdrucke oder als statische PDF-Pläne. Und das, obwohl die Planenden beispielsweise Kanaldaten als ISYBAU ausgeben und Baufirmen diese Planung einfach in ihr System einlesen könnten. Positiv kann angemerkt werden, dass die ISYBAU-Schnittstelle etwas häufiger verwendet wird, um nach Baufertigstellung das Bestandsmodell – heute oft als „as built“ bezeichnet – an den Betreiber zur Fortführung seiner Bestandsdaten zu übergeben.
Digitale Prozesskette ist möglich
Der Straßen- und Tiefbau ist hinsichtlich der begonnenen und kommenden Digitalisierung gut aufgestellt. Es fehlen lediglich Optimierungen an manchen Übergängen der Prozesskette. Vor allem müssen die Kenntnisse der Anwender über den vorhandenen Möglichkeiten verbessert werden, damit eine durchgängige digitale Prozesskette in dieser Sparte des Bauwesen Realität wird.